Schulterschluss in Wittmund: Landkreis und Gemeinden üben Kritik an Finanzverteilung

Wittmund/Esens/Neuharlingersiel (27. November 2025) – Die in Niedersachsen aktuell geplante Änderung der Verordnung über die Erhebung der Gewerbe- und Grundsteuer in gemeindefreien Gebieten bzgl. der Offshore-Windenergieanlagen wird vom Landkreis Wittmund und mehreren Gemeinden mit großem Unverständnis zur Kenntnis genommen. Bisher würde davon nur die Stadt Wilhelmshaven direkt profitieren. In diversen Gesprächen mit MP Olaf Lies (zu dem Zeitpunkt noch Wirtschaftsminister), der SPD-Landtagsabgeordneten und Esenser Bürgermeisterin Karin Emken, dem Landesbeauftragten Nikolaus Jansen (Oldenburg), Landrat Holger Heymann, dem Samtgemeindebürgermeister Harald Hinrichs, dem Bürgermeister aus Neuharlingersiel Jürgen Peters sowie weiteren Beteiligten wurde mehrfach und deutlich auf die Notwendigkeit eines angemessenen Nachteilsausgleichs für die Gemeinden hingewiesen, die unmittelbar von den Auswirkungen des Baus der Offshore-Windenergieanlagen im Rahmen der bundesdeutschen Energiewende betroffen sind.
„Trotz dieser klaren Hinweise auf die tatsächlichen örtlichen Belastungen wurde dieser zentrale Punkt im aktuellen Entwurf nicht ausreichend berücksichtigt“, sagt der Wittmunder Landrat Holger Heymann. Die vorgesehene Verteilung der Gewerbesteuereinnahmen sei weder fair noch verursachungsgerecht. Gerade jene Gemeinden, die durch die Anlandung und den Trassenverlauf in besonders starker Weise betroffen sind und zukünftig in ihren Gestaltungsmöglichkeiten immens beeinträchtigt und beschnitten werden, bleiben in der finanziellen Entlastung unberücksichtigt. Umfangreich werden die Beeinträchtigungen im Tourismus, in der Landwirtschaft und der Fischerei sein. Viele Einwohnerinnen und Einwohner und Betriebe müssen mit Immissionen über deutlich mehr als einem Jahrzehnt leben und werden Einkommenseinbußen hinnehmen müssen.
So haben der Landkreis Wittmund, die Samtgemeinde und die Stadt Esens sowie die Gemeinde Neuharlingersiel gemeinsam im Schulterschluss jetzt Protestschreiben an die Landesregierung in Niedersachsen bzw. Finanzminister Gerald Heere geschrieben, in dem sie ihrem Unmut Luft machen. Tenor: Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer nicht vorrangig jenen Kommunen zugutekommen sollen, die die größten Herausforderungen im Zusammenhang mit den Offshore-Windenergieanlagen zu bewältigen haben. „Ein solcher Nachteilsausgleich ist nicht nur ein Gebot der Fairness, sondern auch eine wesentliche Voraussetzung, um die kommunale Akzeptanz und Unterstützung für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien sicherzustellen“, so die einhellige Aussage aller. Es sei zwar, wichtig und richtig, dass die Landesregierung dafür sorge, dass die Gewerbesteuer in Niedersachsen bleibe; dass aber ein Großteil der Gewerbesteuereinnahmen außer nach Wilhelmshaven in den kommunalen Finanzausgleich fließen solle, könne nicht nachvollzogen werden. Eine Verteilung „mit der Gießkanne“ über ganz Niedersachsen werde der ganz überwiegenden Betroffenheit des nordwestlichen Raumes in keinster Weise gerecht. Für die Akzeptanz der Energiewende vor Ort sei es entscheidend, dass Chancen und Lasten in einem erkennbaren Gleichgewicht stehen und dabei auch die Betroffenheit bestimmter Regionen gesehen und anerkannt werde.
Man wünsche sich daher, so Heymann, Hinrichs, Peters, Emken und Becker, dass die Verordnung im Finanzministerium substanziell überarbeitet werde und darin eine belastungsgerechte sowie transparente Verteilung der Gewerbesteuereinnahmen verankert werde. Dazu sollte der Verordnungsentwurf vor dem Inkrafttreten mit den betroffenen Landkreisen und Gemeinden der niedersächsischen Küste erörtert und abgestimmt werden. Eine Verordnung in der vorgelegten Form könne nicht befürwortet werden.