Rat fasst Grundsatzbeschluss zur Anwendung von Verfahrensvereinfachungen
Oldenburg (16. Dezember 2025) – Oldenburg treibt den Wohnungsbau weiter voran: Mit einem Grundsatzbeschluss, den der Rat in seiner Sitzung am Montag, 15. Dezember, gefasst hat, will die Stadt die neuen bundesrechtlichen Erleichterungen – bekannt als „Bau-Turbo“ – künftig gezielt anwenden. Das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung ist am 30. Oktober 2025 in Kraft getreten und eröffnet Kommunen neue Möglichkeiten, Wohnraum schneller zu schaffen.
Der Rat hat auf Empfehlung der Stadtverwaltung nun einstimmig einen Rahmen beschlossen, der aufzeigt, wie die neuen Instrumente gezielt in Oldenburg eingesetzt werden können. Dort, wo es im Einklang mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung möglich ist, Planungs- und Genehmigungsprozesse zu beschleunigen und damit notwendigen zusätzlichen und bedarfsgerechten Wohnraum zu schaffen, soll der „Bau-Turbo“ angewandt werden. „Unser Ziel ist, dass Oldenburg vom Bau-Turbo profitiert, ohne an städtebaulicher Sorgfalt einzubüßen“, sagt Stadtbaurätin Christine-Petra Schacht.
Was der „Bau-Turbo“ ermöglicht
Die Novelle des Baugesetzbuches (BauGB) enthält vier zentrale Instrumente, die Genehmigungs- und Planungsverfahren beschleunigen sollen:
- Befreiungen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans (§ 31 Absatz 3 BauGB):
Damit kann in bestehenden Baugebieten leichter zusätzliche Wohnbebauung zugelassen werden – etwa durch Anbauten, Aufstockungen oder Zweitreihenbebauung. - Abweichungen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 Absatz 3b BauGB): Auch dort können künftig Neu- oder Anbauten ermöglicht werden, selbst wenn sie sich nicht exakt in die Umgebungsbebauung einfügen.
- Der eigentliche „Bau-Turbo“: Sonderregelung nach § 246e BauGB (befristet bis 31. Dezember 2030): Sie erlaubt – unter Wahrung öffentlicher und nachbarlicher Interessen – Abweichungen von den üblichen Vorgaben des Baugesetzbuches und ersetzt quasi die Schaffung von Planungsrecht. Die Regelung ist als Experimentierklausel angelegt.
- Zustimmungspflicht der Gemeinde (§ 36a BauGB): Alle Erleichterungen greifen nur, wenn die Stadt innerhalb von drei Monaten zustimmt; eine Nicht-Äußerung gilt als Zustimmung.
Wie Oldenburg den Bau-Turbo anwenden will
Der vom Rat gefasste Grundsatzbeschluss legt fest, wie die Stadt die neuen Spielräume verantwortungsvoll nutzt – und wo Grenzen gesetzt werden.
Erstens: Klare planerische Grundlage
Zustimmungen werden nur dort möglich sein, wo der gültige Flächennutzungsplan Wohn- oder gemischte Bauflächen ausweist oder wo beschlossene städtebauliche Konzepte vorliegen. Damit stellt die Stadt sicher, dass der „Bau-Turbo“ nicht gegen grundlegende städtebauliche Ziele eingesetzt wird.
Zweitens: Verwaltungsverfahren für kleinere Vorhaben
Die Stadtverwaltung entscheidet selbst über:
- Befreiungen nach § 31 Absatz 3 BauGB, solange der „Grundgedanke des Bebauungsplans“ gewahrt bleibt.
- Abweichungen nach § 34 Absatz 3b BauGB, wenn die Fläche des Vorhabens nicht größer als 0,5 Hektar ist. Diese Regelung soll schnelle Entscheidungen ermöglichen, ohne den politischen Gremienverkehr zu belasten.
Drittens: Der eigentliche „Bau-Turbo“ bleibt Sache des Rates
Große oder komplexe Vorhaben nach § 246e BauGB entscheidet ausschließlich der Stadtrat. Vorher prüft die Verwaltung:
- ob ein Bebauungsplanverfahren nötig ist,
- ob eine städtebauliche Absichtserklärung mit dem Projektentwickelnden ausgearbeitet wird und
- ob ein standardisiertes Bebauungsplanverfahren sinnvoll verkürzt werden kann.
Viertens: Transparenz und Verbindlichkeit: Zustimmungsvertrag
Für alle Verfahren (Befreiung, Abweichung, „Bau-Turbo“) gilt: Eine Zustimmung erfolgt nur, wenn ein städtischer Zustimmungsvertrag abgeschlossen wird, der insbesondere regelt:
- verbindliche Bauverpflichtung innerhalb angemessener Frist,
- Sozialquote ab fünf Wohnungen,
- Übernahme von Planungs- und Infrastrukturkosten (bei größeren Vorhaben) durch die Bauherrin oder den Bauherrn,
- Einhaltung der vom Rat beschlossenen Musterfestsetzungen für Bebauungspläne.
Damit wird sichergestellt, dass beschleunigte Verfahren zu qualitativ hochwertigen und sozial ausgewogenen Projekten führen.
Welche Projekte nicht für den „Bau-Turbo“ geeignet sind
Die Stadt benennt klar, in welchen Fällen keine Zustimmung in Aussicht gestellt werden soll:
- bei Flächen mit hohen Konfliktpotenzialen,
- wenn eine negative Vorprägung eines Quartiers oder städtebauliche Fehlentwicklungen drohen oder der Gebietserhaltungsanspruch gefährdet würde,
- bei gewerblichem Wohnen (Boardinghäuser, AirBnB, ähnliche Nutzungen), da diese nicht als Wohnen im Sinne der §§ 31, 34 und 246e gelten,
- beim Wohnen in Gewerbegebieten, weil dies den Zielen des städtischen Gewerbeflächenkonzepts widerspricht,
- bei komplexen Großprojekten, bei denen ein reguläres Bebauungsplanverfahren sinnvoller ist.
Zudem gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz – ein „Windhundprinzip“ soll ausdrücklich vermieden werden.