„Stärkerer Blick auf die Kosten des Gesamtsystems ist richtig“
Oldenburg (10. April 2025) – Zu den energiepolitischen Aspekten des von CDU, CSU und SPD vorgelegten Koalitionsvertrags nimmt Stefan Dohler, Vorstandsvorsitzender der EWE AG und Ko-Vorsitzender von Powerhouse Nord e.V., wie folgt Stellung:
„Wir müssen den Weg zu einer Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien konsequent weitergehen. Dazu brauchen wir von der neuen Bundesregierung langfristig stabile Zielsetzungen und Rahmenbedingungen, um eine Grundlage für Investitionsentscheidungen zu haben, die uns über Dekaden binden. Der von CDU, CSU und SPD vorgelegte Koalitionsvertrag hat das Potenzial, eine solche Grundlage zu sein, signalisiert gleichzeitig mehr Offenheit für pragmatische Lösungen und nimmt richtigerweise stärker als bisher die Kosten des Gesamtsystems in den Blick.
Als integriertes und mehrheitlich kommunales Energieunternehmen wirbt auch EWE dafür, eine angemessene Balance zu finden zwischen den Gesamtkosten des künftigen Energiesystems, dem Grad der Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie notwendigen Anreizen für privates Kapital, um die nötigen Investitionen zu finanzieren. Der gedankliche Startpunkt und die Blickrichtung der neuen Koalition sind daher in den wesentlichen energiewirtschaftlichen Fragen stimmig.
Damit der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien die nötige Akzeptanz findet, müssen wir die Systemkosten senken, etwa durch den verstärkten Einsatz günstiger Freileitungen statt Erdverkabelung oder durch eine Wasserstoffallianz, die der EU nahebringt, die teuren bürokratische Hürden für grünen Wasserstoff abzubauen. Auch dazu enthält der Koalitionsvertrag erste Impulse. Die angestrebten staatlichen Entlastungen insbesondere für stromintensive Branchen sind in einer Phase von immer noch hohen Energiepreisen und gleichzeitig hohem Investitionsbedarf eine sinnvolle Maßnahme zur Stabilisierung. Darüber hinaus braucht es Rahmenbedingungen, die es ermöglichen, private Investitionen zu mobilisieren. Die aktuellen Renditen für den Netzausbau sind nicht ausreichend, um auch internationale Investoren zu gewinnen.
Ein erster Prüfstein für die neue Regierung ist aus meiner Sicht die nationale Umsetzung der RED III-Richtlinie in nationales Recht. Die dafür geltende Frist läuft bekanntlich im Mai ab und ein Rückfall in die vorherige, langsamere Geschwindigkeit bei der Genehmigung von Windenergie- und Solarprojekten – wie er ab Ende Juni einsetzen würde – wäre aus meiner Sicht fatal. Dringender denn je braucht es zudem eine koordinierende Instanz, die einen klaren Blick auf die Gesamtheit aller Maßnahmen und deren Wechselwirkungen untereinander hat.
Punkte, die ich im Koalitionsvertrag potenziell kritisch sehe: Die Rückführung von Reservekraftwerken in den Strommarkt hat erhebliche Folgewirkungen, die bedacht werden müssen. Auch dürfen die hohen konsumtiven Ausgaben zur Strompreissenkung nicht dazu führen, dass die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen in den Bereichen Wärme, Erneuerbare, Netze, Wasserstoffwirtschaft und Absicherung der gesicherten Erzeugungsleistung und Gasversorgung nicht finanzierbar sind.“
Weblinks:
- Für Rückfragen ist EWE-Pressesprecher Christian Bartsch unter christian.bartsch@ewe.de erreichbar.